Geboren wurde ich im April 1962.
In der Zeit meiner frühen Kindheit war ich voller Angst und Qual; ich wurde regelmäßig geschlagen, gedemütigt und missbraucht.
Jeden Tag erfuhr ich die Welt als unsicheren, gefährlichen, kalten Ort. Meine Eltern nahm ich als unberechenbar, unzuverlässig, gefühlskalt und grausam wahr.
Das Schlimmste an diesem gesamten Erleben war für mich lange Zeit, dass ich alles, was mir geschah und was ich beobachtete für selbstverständlich und ganz normal hielt. Ich dachte, alle Eltern seien wie meine, und alle Kinder wachsen so auf, wie ich. Andere Menschen hielt ich für meinen Eltern vergleichbar, und die „Welt“ stellte ich mir als Fortsetzung unserer Wohnung mit aller darin stattfindenden Schrecken vor.
So ist es wohl wenig verwunderlich, dass die Frage nach dem Sinn des Lebens mich schon als sehr junges Kind beschäftigte – mit ungefähr 15 Jahren begann ich mich sehr intensiv mit ihr zu beschäftigen.
Weil ich mich mit diesem Thema an keinen Menschen wenden konnte, versuchte ich Antworten in Büchern zu finden; ich las alles, was mir in die Hände kam.
Besonders faszinierten mich Beschreibungen der menschlichen Psyche, und so fand ich unter anderem zu den Arbeiten von C.G. Jung, Viktor Frankl, Karen Horney, Arno Grün, und Alice Miller – allerdings hatte ich weniger das Gefühl, dass meine Fragen sich damit beantworten, sondern, ganz im Gegenteil, dass immer weitere Fragen auftauchten.
Die entscheidende Frage, die neu hinzukam lautete: Wer bin ich eigentlich?
Denn es macht ja einen riesigen Unterschied, ob ich beispielsweise einen freien Willen habe, der mich tun lässt, was ich tun will – oder ob alles determiniert ist und ich somit einer Marionette gleiche, die vorherbestimmte Dinge ausführt.
Also begann ich mich u. a. mit der Bibel, den Schriften von Buddha, Jiddu Krishnamurti, Ramana Maharshi, Eckart Tolle, Tony Parsons, Byron Katie, Thich Nath Han, Ramesh Balsekar, Nisagardatta Maharaj und Ken Wilber auseinander zu setzen.
Diese recht persönlichen Details meiner Biographie erwähne ich aus zwei Gründen:
Zum einen mag daraus ersichtlich werden werden, dass ein glückliches und erfülltes Leben nicht zwingend von einer glücklichen Kindheit abhängig sein muss.
Zum anderen ist es für jemanden, der selbst Leid, Verzweiflung und Hoffnungslosigkeit erlebt hat oftmals leichter möglich, sich in einen anderen Menschen hinein zu versetzen, der sich ebenfalls in leidvollen und scheinbar aussichtslosen Situationen befindet.
Denn wer als unterstützender Begleiter überwiegend die Helligkeit kennengelernt hat, kann mit der Navigation durch das Dunkel unvertraut und überfordert sein.
Ich bin sehr dankbar, dass meine eigenen Erlebnisse und Erfahrungen heute dazu beitragen können, die Oberfläche jeder körperlichen oder psychischen Diagnostik sehr schnell zu verlassen, um die wirklichen Ursachen der Probleme zu erkennen.
Wollte ich die Ausbildungen, Seminare und Weiterbildungen aufzählen, die etwas über die Art und Qualität meiner Arbeit aussagen könnten, ergäbe sich zwar eine längere Liste, die aber, für mein Empfinden, wenig Aussagekraft hätte.
Ich erlebe es so, dass alles Gelernte, Erlebte und Erkannte nicht mehr isoliert benennbar ist, sondern zu einem Strom zusammenfließt, in dem etwas ganz Neues und sehr Spezielles sich ausdrücken kann.
So sehe ich auch meine therapeutische Arbeit nicht in der Vermittlung bestimmter Techniken und Methoden, um im Alltag besser zurecht zu kommen. Stattdessen möchte ich dazu einladen, eben diesen Alltag genauer zu untersuchen.
Alexander von Humboldt hat es so schön ausgedrückt: „Kühner als das Unbekannte zu erforschen kann es sein, das Bekannte zu bezweifeln.“
Leid erwächst nämlich auch aus der Annahme, dass die Welt so ist – und NUR so ist – wie wir sie wahrnehmen.
Spätestens aber mit den Forschungsergebnissen der Quantenphysik wird sehr klar, welch großer Irrtum das ist: Das Beobachtete lässt sich nämlich vom Beobachter nicht trennen. Es gibt keine Welt „da draußen“.
Die „Welt“ ist kein Phänomen, mit dem wir nichts zu tun haben und das wir objekthaft betrachten können; die „Welt“ zeigt uns, wo wir verortet sind – sie ist ein Spiegel unserer Selbst.
Solange wir davon ausgehen, dass es eine Trennung gibt, zwischen uns und allem anderen, sehen wir uns den Prozessen der Welt hilflos ausgeliefert.
Dass die Quelle dieses Leids der Unterschied ist, zwischen dem, was ist, und dem, was wir wahrnehmen, kommt uns bei diesem Modell nicht in den Sinn.
Wenn wir aber bereit sind, die Welt eher als Gleichnis, als Analogie zu sehen, anstatt als etwas, das mit uns nicht viel zu tun hat, dann liegt darin die unschätzbar wertvolle Möglichkeit inneren Wachstums und heilsamer Entwicklung.
Zu wissen, dass alles, was wir erleben, ganz unmittelbar mit uns zu tun hat, eröffnet die wunderbare Chance, das zu hinterfragen, was wir bislang als „objektive Wirklichkeit“ angenommen und für unabänderlich gehalten haben.
Durch das Hinterfragen von scheinbaren Gegebenheiten eröffnen sich weiträumigere Perspektiven, die sehr erleichternd sind, weil sie uns von scheinbaren Zwängen befreien und auf tiefere Ebenen der Wahrheit hinweisen.
So können immer mehr trennende Schleier zwischen uns und der Wahrheit verschwinden und jeder Tag kann erlebt werden in Freude und Staunen über die unendliche Weisheit und Liebe, deren Teil wir sind.
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